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Thomas Heiniger, Präsident Spitex Schweiz

Editorial

Die Zukunft ist ambulant

Die Spitex ermöglicht den Menschen, durch professionelle Pflege und Unterstützung möglichst lange zu Hause wohnen zu bleiben oder möglichst früh nach einem Spitalaufenthalt heimzukehren. Die Spitex setzt die Forderung «ambulant vor stationär – ambulant statt stationär» zielgerichtet und erfolgreich um.

Spitex ist kein Synonym für Alterspflege. Spitex ist die richtige Unterstützung zum richtigen Zeitpunkt am vertrauten Ort zu Hause, und das für jedes Alter. Spitex ist das starke verbindende Glied in der integrierten Gesundheitsversorgung. Immer mehr Menschen brauchen und wollen Spitex. Die medizintechnische Entwicklung, kürzere Spitalaufenthalte und vermehrt ambulante medizinische Eingriffe vergrössern den Einsatzbereich der Spitex zusätzlich. Spitex ist Arbeit von Menschen an Menschen. Das bedeutet, dass es immer mehr Menschen braucht, die für die Spitex arbeiten – aber bereits heute ist der Fachkräftemangel Realität.

Die Herausforderungen im Gesundheitswesen sind vielfältig und zahlreich, aber auch spannend. Sie erfordern intelligente Lösungen, kreatives Denken und begeisterte Fachpersonen. Die Spitex ist somit auch gefordert.

Die Hochkonjunktur der ambulanten Pflege- und Betreuungsleistungen ist nicht herbeigeredet; sie ist durch Daten belegt. Es sind die Zahlen des aktuellen Obsan-Versorgungsberichts, die zeigen, wer diese Leistungen in Anspruch nimmt und dass die Spitex viel mehr als die Pflege von alternden Menschen leistet.

Überzeugende Lösungen bei stets steigenden ambulanten Pflege- und Betreuungsleistungen werden erschwert durch den Umstand, dass diese oft kaum voneinander abzugrenzenden Leistungen unterschiedlich eingeordnet und finanziert werden. Betreuungsleistungen sind keine KVG-Leistungen. Es besteht allerdings keine Klarheit, wo sich die richtige Schnitt- oder besser Nahtstelle zwischen Pflege und Betreuung befindet.
Pflegeleistungen allein reichen oft nicht aus, damit jemand zu Hause gut versorgt ist. Die Spitex-Organisationen erleben die Grenzen des KVG täglich in ihrem Arbeitsalltag. Nicht nur Pflegeleistungen müssen finanziert werden, sondern auch Betreuungsleistungen. Insbesondere alternde Menschen brauchen eine gute Pflege und Betreuung, eine passende Unterstützung, damit ihre Autonomie möglichst lange aufrechterhalten werden kann und sie in Würde zu Hause alt werden können.

Immer mehr Gemeinden und Kantone kürzen bei der Spitex die Mitfinanzierung von hauswirtschaftlichen Leistungen. Das ist falsch, denn: hauswirtschaftliche Leistungen sind wichtige Betreuungs- beziehungsweise Präventionsleistungen. Ein wichtiger Präventionsaspekt ist der regelmässige Kontakt zu Fachpersonen, welche Gesundheitsveränderungen frühzeitig erkennen und notwendige Massnahmen einleiten können, damit sich die Situation nicht verschlechtert. Das gibt den Betroffenen Sicherheit und den Angehörigen Vertrauen. Die Abgrenzung von Pflege und Betreuung muss deshalb dringend überdacht werden.

Ein gutes Gesundheitsversorgungssystem ermöglicht den Zugang zu Spitex-Leistungen überall für alle. Die Pflege und die Unterstützung müssen aus einer Hand koordiniert werden, denn im Zentrum steht immer der Mensch – sei er oder sie noch so klein, so krank oder so alt. Dazu sind eine starke und gute Interdisziplinarität und Koordination zwischen Organisationen und Kooperationen mit andern Leistungserbringern notwendig.

Spitex Schweiz setzt sich in der Politik für entsprechende Rahmenbedingungen ein, welche den Zugang zur bedarfsgerechten Pflege und Unterstützung für alle gewährleisten. Es braucht aber auch gute betriebliche, regionale und kantonale Rahmenbedingungen. Und es braucht vor allem genügend Fachkräfte. Lesen Sie zu diesem Thema unseren «Schwerpunkt».
Vieles muss noch geplant und umgesetzt werden. Die Mitarbeitenden der Spitex-Organisationen verdienen alle grössten Respekt und hohe Anerkennung für ihre Arbeit, die sie oft 365×24, rund um die Uhr und täglich, leisten. Ich danke an dieser Stelle ganz besonders den mehr als 40’000 Mitarbeitenden in den Spitex-Organisationen. Sie leisten zuverlässige, professionelle und empathische Arbeit in der ganzen Schweiz für viele dankbare Menschen.

Danken möchte ich aber auch den Kantonalverbänden und ihren Exponenten, dem Bundesamt für Sozialversicherung, unseren Sponsoren und Spendern für die finanzielle Unterstützung – es braucht Taten an vielen Stellen, damit Gutes entstehen kann. Sie alle machen all das möglich.

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